Eine Hommage an (m)eine verrückte Pücklerstadt

Wir laden das Unternehmerpärchen Anne Hasselbach und Jan Eickhoff in unsere Heimatstadt ein: in die Lausitzmetropole, die Energiestadt, die Stadt am Ostsee und das Tor zum Spreewald. Für das zweisprachige Cottbus / Chósebuz gibt es viele Synonyme. Ihr Name wurde aus dem sorbischen abgeleitet und macht Cottbus zur Stadt der „wachsamen Helden“. Für uns wird es am Ende einer spannenden und reich gefüllten Tagesreise die so lebenswerte wie verrückte Pücklerstadt am See.

Von Lucie, Etien und Stadtliebhabern

Unsere Reise beginnt um 8 Uhr mit einem Frühstück auf dem Cottbuser Altmarkt, auf den Freisitzen des Café Lucie. Ringsum erwacht die Stadt gerade. Zu unserer bunten Begrüßungsrunde gesellen sich neben dem Kamenzer Pärchen Gabi Grube, die gute Seele des Cottbuser Stadtmarketings und Jeff Felix da Silva, der einst per Zufall von der Copacabana in die Stadt kam und inzwischen Cottbus-verliebter Botschafter der verrückten Pücklerstadt ist. Die Frühstückskarten bringt uns ausnahmsweise Etien Uhlmann, die junge Generation der Familienbäckerei, die neben dem urbanen Lucie am Altmarkt auch noch das gemütlich Café Schiller direkt am Staatstheater betreibt. Fragt man Cottbuser, dann sind…

Von Gebirgsbächen und Aueroxen

Vom Altmarkt ist es eine Viertelstunde bis zum nördlichen Stadtrand. Hier erstreckt sich ein Naturparadies, das selbst europaweit einzigartig sein dürfte. Auf 400 Hektar hat sich die Landschaft in einem der international aufwändigsten Renaturierungsprojekte in einen Biotop mit Teichen, Aueroxenreservat und einer idyllischen Auenlandschaft verwandelt. Auf der Fahrt dorthin gibt uns Jan Eickhoff einen Einblick in sein Leben. Der Designer mit „halbfranzösischer“ Heimat stammt eigentlich aus dem Saarland, studierte in Dessau und kam vor rund zehn Jahren der Liebe wegen in die Lausitz. Anne Hasselbach gestaltete damals gerade ein Museum neu. Er half, fand nicht die passenden Leuchten und begann…

Die Pücklerstadt am See

Wir verabschieden uns beim Einladen der Boote von Bernd Lehmann und Gabi Grube, die unserem Pärchen ein mannigfaches Lächeln mit auf den Weg gibt – in Form eines kleinen Fanpakets mit allerlei nützlichen Dingen, auf denen die neue Stadtmarke prangt. Wir umfahren Cottbus am nordsüdlichen Stadtrand, wo es Anne und Jan angesichts einer der größten Landschaftsbaustellen Europas fast die Sprache verschlägt. Hier entsteht mit dem künftigen Cottbuser Ostsee der größte von Menschenhand geschaffene See Deutschlands, vielleicht sogar Europas. Im vergangenen Jahr begann die Flutung, die schon Mitte der 2020er-Jahre abgeschlossen sein soll. Bevor wir einen Blick von oben auf dieses…

Theaterhonig und Sternenhimmel

Während wir Cottbuser vom großen Badevergnügen träumen, bauen die beiden Kamenzer an ihrer eigenen Baderei samt Mini-Museum. Nach zehn Jahren erfolgreichem Firmenaufbau war es einfach an der Zeit, dem Etablierten etwas Neues hinzuzufügen. So haben sie am Rande der Kamenzer Altstadt zwei benachbarte, sehr geschichtsträchtige Grundstücke erworben. Das eine war einst Firmensitz der Steudel-Werke, die ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zuerst Fahrräder und später Motoren herstellten, elf Automobile wurden hier sogar komplett in Handarbeit gefertigt. Hieraus würden die beiden am liebsten ein Museum errichten. Das zweite Bauwerk ist eine jahrhundertealte Baderei mit einer rund 500 Jahre alten Eibe…

Wall of Glory

Der Cottbuser Designer Stefan Restemeier schaut täglich auf das Cottbuser Staatstheater. Seine kleine Ideenschmiede mit dem Label „leuchtstoff“ liegt direkt am Schillerplatz. Hier fertigt er Designleuchten mit einem besonderen Anspruch an zeitlose, puristische Formen. Natürlich findet er mit Jan Eickhoff sofort eine Ebene. Design, die Liebe zu Licht und puristischen Formen, zu besonderer Qualität und handwerklichem Anspruch – es ist, als würden die zwei sich gegenseitig den Spiegel vorhalten. Designleuchten von leuchtstoff sind inzwischen auf aller Welt zu Hause, besonders beliebt sind sie bei den Schweizern. Drei Banken bestellen bei der Cottbuser Manufaktur, für eine wurde eine Spezialleuchte von leuchtstoff…

Kochkultur im Designtempel

Vom Staatstheater sind es nur fünf Minuten Fahrt bis zur Mühleninsel. Wer Architektur, Kunst und Geschichte mag, der wird hier seinen Lieblingsflecken in der Pücklerstadt entdecken. Verträumt wirken die mittelalterlichen Gerberhäuser direkt am Seitenarm der Spree, die unser Pärchen gleich nach dem Ankommen inspiziert. Die Kulisse der rundum sanierten Bauwerke auf der Insel liefert unzählige Postkartenmotive. Zwischen dem ehemaligen Dieselkraftwerk, das heute das Brandenburgische Landesmuseum für moderne Kunst mit einer einzigartigen Sammlung u.a. zur DDR-Plakatkunst enthält und dem alten Elektrizitätswerk liegt die Wilhelmsmühle. Genau hier sind Ambiente und Genuss eine besondere Symbiose eingegangen. Im wohl stilvollsten Geschäft der Stadt werden…

Eine verrückte Zeitreise

Park und Schloss Branitz ist die Zutat, die bei keinem Cottbusbesuch fehlen darf. Hier hat der exzentrische grüne Fürst Hermann von Pückler-Muskau Pyramiden in die karge Landschaft gebaut, Berge versetzt und Wasserläufe geformt. Wir sind zur Begrüßung mit Stiftungsdirektor Dr. Stefan Körner verabredet, der uns kurzerhand mit einer Begeisterung und Dynamik in einer reich pointierten Park- und Schlossführung in seinen Bann zieht, dass unsere Mittagsmüdigkeit sofort verfliegt. Von der Gutsökonomie führt er uns zum Schloss und erzählt unterwegs, wie Pückler mangels Vermögen mit 60 Jahren seinen Stammsitz samt wunderschönem Landschaftspark in Bad Muskau veräußern und ins karge Branitz umsiedeln musste.…

Ein Heilbrunnen für die Baderei

Es ist Kaffeezeit, als wir am Ausgangsort unserer Reise eintreffen. Der Cottbuser Altmarkt ist im Vergleich zum frühen Morgen kaum wiederzuerkennen. Jan Eickhoff ist richtiggehend verblüfft. Über 500 Freisitze breiten sich vor den vielen Gastronomien aus und der gesamte Markt hat sich in ein buntes Menschenmeer verwandelt. Das hat französischen Charme, das sieht nach Lebensfreude aus, meint der Kamenzer. Direkt am Altmarkt liegt unser nächstes Ziel, das den Trubel vor der Tür lässt und schon beim Betreten eine heilende Wirkung entfaltet. Es ist Brandenburgs einziges Apothekenmuseum, das uns auf ungeahnte Weise gleich mehrfach überrascht. Hier empfängt uns Annette Schiffner, die…

Einmal den Kuchen kämmen

Wir biegen vom Altmarkt in die Cottbuser Flaniermeile Spremberger Straße, die hier von allen nur „Sprem“ genannt wird – und sind in nicht einmal zwei Minuten beim Café Lauterbach angelangt. Dessen Inhaber Carsten Hajek schaut schon auf die Uhr, für unseren nachmittäglichen kulinarischen Höhepunkt ist nun Eile geboten. Schnell führt er in die Welt seiner Cottbuser Baumkuchenmanufaktur ein, die gleich hinter dem Café einen der genussvollsten Botschafter der Pücklerstadt herstellt. Er führt uns durchs Lauterbach, das vom Feinschmecker übrigens unter die 500 besten Cafés Deutschlands gewählt wurde, und wir tauchen in eine einzigartige Backstube ein. In einem Kasten samt Heizspirale…

Den nehmen wir gleich mit

Wir starten ins letzte Drittel unseres wohlüberlegten Tagesausflugs. Nach dem landschaftlichen Wandel mit der Vision einer Seestadt folgten Einblicke in Traditionen und das wirtschaftliche Leben der Stadt. Das Sahnehäubchen ist nun der Aufbruch in ein neues kulturelles Selbstverständnis der Pücklerstadt. Etwas zaghaft erkundigen wir uns nach dem Zwischenstand, es ist fast wie auf der letzten Bergwertung einer Friedensfahrt. Sind wir gut unterwegs? Berührt diese Stadt? Der Zeitplan ist sowieso aus den Augen geraten, es geht um Emotionen und Begeisterung. Das Kamenzer Pärchen nimmt mit einem Lächeln die Last von den Schultern. Aus der Fotografin sprudelt es heraus: „Hätten wir nicht…

Vernunftbegabte Anarchie

Von der Hoch- zur Subkultur sind es auf dem Bahnhofsareal nur wenige Schritte. Das „Prima Wetter“ ist ein Fanal an Frieden, Freude und Eierkuchen. Wer jemals in Kopenhagen die Freistadt Christiania besucht hat, wird diesen weltoffenen Mikrokosmos mit einer Prise sanfter Anarchie hier wiedererkennen. Zwischen bunt zusammengezimmerten Sitzmöbeln thront ein großer Sandkasten, in dem ein Dreikäsehoch buddelt. Andere Kinder skaten zwischen den Tischen umher, die von Kreativen, Familien, Aussteigern, einer stilvollen Unternehmer- und einer Seniorenrunde bevölkert werden. Am Nebentisch beraten Vertreter unterschiedlichster Herkunft über ein Integrationskonzept. In all dem Trubel findet Herbergsvater Philipp Gärtner zu uns. Anne Hasselbach ist begeistert…

Willkommen im Wohnzimmer

Auf der Fahrt vom Bahnhofsareal zum Hotel kommen wir quasi an der Heimstätte vorbei, in der das Lausitz Magazin entsteht. Wir machen einen kurzen Abstecher in einen kreativen Ort, der oft erst möglich macht, was mit aufreibender Arbeit und jeder Menge Lausitzliebe zum Botschafter für eine lebenswerte Heimat geformt wird. Es ist eine alte Brauerei, in deren einstigem Sudhaus ein kleines Familienunternehmen beheimatet ist, mit einem umtriebigen Grafiker gleich im Nebengelass. Früher wurde hier ein laues Malzbier gebraut, das als „Pupenschulzes“ eine Lausitzer Legende ist und inzwischen von der Landskron-Brauerei in Görlitz hergestellt wird. Noch so eine Lausitzer Verbindung. Das…

Vom Bettenaufschüttler zum Hotelier

Der nächste Ort erzählt eine Geschichte, die fast an die Legende des Tellerwäschers erinnert, der schließlich zum Millionär wird. Es geht ins Best Western Parkhotel & Spa Branitz, nur einen Spaziergang von Pücklers Parklandschaften entfernt. Hotelier Gerd Mielke erwartet uns schon vor der Tür, mit sichtlichem Stolz auf sein frisch eröffnetes Schmuckkästchen. Gerade in diesem Jahr an den Start gegangen, ist es das modernste Haus der Region, mit 39 weitläufigen Doppelzimmern, schicker Frühstückslounge und einem großen Spa- und Wellnessbereich direkt im Gebäudekomplex. Natürlich muss er seine besondere Geschichte erzählen, auch wenn er sich lieber bescheiden zurückhalten würde. Vor rund 30…

Samba im Dreiklang

Wir sind echt geschafft. Anne Hasselbach und Jan Eickhoff wären wohl am liebsten im Hotel geblieben. Bis hierhin waren sie im Sog der Ereignisse aber tatsächlich von jeder Station neu überrascht und sind selbst erstaunt über dieses unvermutet bunte Cottbus. Jede Station hat sie gepackt, besonders die Tatkraft und die Geschichten hinter den Orten haben sie fasziniert. Es reift der Plan, sich das alles noch einmal in Ruhe anzuschauen, dann aber auch zwei bis drei Tage einzuplanen. Im Überschwang biete ich an, dann auch all die anderen besonderen Ziele und Geschichten zu empfehlen, die es aus Zeitgründen nicht in diese…

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