Einmal den Kuchen kämmen

Einmal den Kuchen kämmen

Wir biegen vom Altmarkt in die Cottbuser Flaniermeile Spremberger Straße, die hier von allen nur „Sprem“ genannt wird – und sind in nicht einmal zwei Minuten beim Café Lauterbach angelangt. Dessen Inhaber Carsten Hajek schaut schon auf die Uhr, für unseren nachmittäglichen kulinarischen Höhepunkt ist nun Eile geboten. Schnell führt er in die Welt seiner Cottbuser Baumkuchenmanufaktur ein, die gleich hinter dem Café einen der genussvollsten Botschafter der Pücklerstadt herstellt. Er führt uns durchs Lauterbach, das vom Feinschmecker übrigens unter die 500 besten Cafés Deutschlands gewählt wurde, und wir tauchen in eine einzigartige Backstube ein. In einem Kasten samt Heizspirale dreht sich eine Walze, davor ist eine kleine Wanne randvoll mit Teig. Während Carsten Hajek die Walze ins Becken eintaucht, geschickt mit einer dünnen Schicht Teig ummantelt und schließlich wieder unter die Haube hebt, entführt er uns in die besondere Cottbuser Baumkuchengeschichte, die über 200 Jahre zurückreicht. Die Köchin Maria Groch besorgte sich seinerzeit eine Rezeptur für Baumkuchen und stellte 1819 den ersten Cottbuser Baumkuchen her, im Original mit Zuckerglasur und Zitronennote. Der Kuchen fand einen derart guten Anklang, dass in den Folgejahren in Cottbus immer mehr Bäcker und später sogar Fabriken die Baumkuchenproduktion aufnahmen. Der Dresdner Konditor Max Lauterbach folgte dieser Herausforderung nach Cottbus, galt der Baumkuchen doch schon damals als Krone der Konditorei. Während er erzählt, achtet Carsten Hajek genau auf die sich drehende Walze. Durch ein kleines Sichtfenster in der Haube kann man die zunehmende Bräune verfolgen. Hat der Teig die richtige Bräune erreicht, folgt die nächste Schicht Teig. Wir erfahren, das Cottbus im 19. Jahrhundert gleich nach Salzwedel die zweite Heimat für Baumkuchen in Deutschland war. Dank Hajeks Baumkuchenmanufaktur ist das heute wieder so. Dabei war auch etwas Glück im Spiel. Der erste Geselle und spätere Nachfolger Walter Mehl, den Max Lauterbach persönlich ausbildete, hatte seine Erfahrungen übernommen, um diese wiederum an seinen Gesellen weiterzugeben. Jener Detlef Drobick ist heute der Altmeister der Conditorei Lauterbach, den Carsten Hajek im Jahr 2006 für die Wiederbelebung der Cottbuser Tradition gewinnen konnte. Das Wissen um den Cottbuser Baumkuchen konnte so nahtlos erhalten werden – und heute verlassen jährlich wieder rund sieben Tonnen des Gebäcks als Ringe, Pralinen oder andere Varianten die kleine Manufaktur. Nach einigen Schichten verdichtet Carsten Hajek die Teigwalze mit einem langgestreckten Kamm, wobei sich die typische gewellte Form der einzelnen Ringe auf der Walze herausbildet. Wir staunen nicht schlecht, dass hier tatsächlich noch alles Handarbeit ist und für Herstellung und Versand gerade einmal drei Personen zum Manufakturteam zählen. Der umtriebige Unternehmer hat aber noch viel vor: Aus dem vermeintlichen Weihnachtsgebäck soll ein Ganzjahresprodukt werden. Zwei Ergebnisse seiner Experimentierfreude sind bereits in der Auslage zu finden: Ein Baumkuchenring gefüllt mit kräftig roter, heimischer Aronia sowie eine Variante mit einer frischen, grünen Matcha-Füllung. Anne und Jan dürfen zum Schluss selbst einmal den Kamm in die Hand nehmen. In der Backstube ist es warm, die Einblicke in eine mit Leidenschaft und handwerklicher Liebe bewahrte Tradition machen uns aber auch warm ums Herz. Carsten Hajek lädt uns noch ins Lauterbach ein, wir dürfen eine seiner modernen Baumkucheninterpretationen probieren und in gemütlicher Runde dem bunten Treiben auf der Sprem zuschauen. Überall im Café hängt Kunst – und gibt uns so einen Vorgeschmack auf die nächste Überraschung.

Cottbuser Baumkuchen Manufaktur
Mühlenstraße 45, 03046 Cottbus
Telefon: 0355 2892273
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www.baumkuchen-cottbus.de

Lauterbach Stammhaus
Mo.-Sa. 8-19 Uhr, So. 9-18 Uhr
Spremberger Straße 4, 03046 Cottbus
Telefon 0355 24758
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www.lauterbach-cottbus.de 

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