Der getöpferte Herkules

Der getöpferte Herkules

Von einem, der statt Großprojekten nun Großes aus kleinen 3D-Drucken schafft.

Rene Töpfer macht seinem Namen alle Ehre. Galten Töpfer einst als geschickte Formgeber und Gestalter, so hat der Cottbuser seine Gestaltungskraft in den vergangenen Jahrzehnten gleich auf globaler Ebene in Megavorhaben verwirklicht. Als Projektleiter für Bauten der Großindustrie oder ganzer Fußballstadien waren allerdings mehr als nur die eigenen Hände gefordert. Seine wahre Leidenschaft entdeckte er vor rund fünf Jahren aber dann doch im Kleinen und einem anfangs vermeintlichen Hobby. Ein Interesse am aufkommenden 3D-Druck wurde bei ihm dann wohl symptomatisch immer größer und mündete schließlich in ein technologieorientiertes Start-up für 3D-Drucke. Diese meist noch sehr kleinen Produkte werden unter seinen Händen, wahrscheinlich der alten Gewohnheit folgend, auch mal zu wahrhaft Großem. Gleich für sein erstes Auftragswerk galt es dabei, eine Herkulesaufgabe zu meistern.

Gigantischer Autididaktismus
Der Werdegang von Rene Töpfer dürfte jeden Lego-Fan faszinieren. Fast nebenher wurde aus einem Interesse an Bauwerken ein einzigartiges Know-how, mit dem er heute international gefragt ist und die ganz großen Dinge in ihrer Entstehung mit komponiert. Er begann als Quereinsteiger und Autodidakt per Zeitarbeit in der Kraftwerksmontage, als in der Lausitz um die 1990er-Jahre die letzten großen Kraftwerke entstanden. Er arbeitete sich hoch bis zur eigenen Firma. Heute ist er mit seiner SRT Group Spezialist für Industriemontage und für Großunternehmen wie Bilfinger international unterwegs, leitet die Montage für Fertigungsstraßen bei Airbus, Mercedes oder BMW, baut an Stadien in München, Paris oder Salzburg. Aktuell ist er in Österreich für ein Pilotprojekt zuständig, das in grünem Stahl münden soll. Für ein erstes Elektrostahlwerk organisiert er derzeit das Baufeld und im laufenden und kommenden Jahr die Installation und Errichtung von Produktionsanlagen und -gebäuden. Er ist sich aber auch nicht zu schade, um die Ecke mal eine Tür einzubauen.

Das Ende der Rastlosigkeit
Ständig auf Achse und mit Zweitwohung am jeweiligen Einsatzort, wurden die Momente daheim mit seinen zwei Töchtern immer rarer. Die zunehmende Sehnsucht und Familienliebe traf vor einigen Jahren auf das richtige „Spielzeug“. In einer gesundheitlich notwendigen Pause hatte er sich mit einem 3D-Drucker abgelenkt, der den Freund neuer Technologien immer mehr fesselte. Aus einem Drucker wurden schnell drei, die freien Minuten daheim gehörten dem wachsenden Universum des 3D-Drucks, aus dem Hobby wurde ein Start-up, das aus dem eigenen Keller schließlich in einen kleinen Firmensitz wanderte – das Zollhaus an der Einfahrt zum Pückler Park Branitz beherbergt nun die erste private 3D-Druckmanufaktur der Lausitz.

Die Herkulesaufgabe
Heute drucken hier sieben hochmoderne 3D-Drucker der Marke Prusa für Kleinserien rund um die Uhr an vielfältigen Produkten. Waren es anfangs noch Ausstechformen für Weihnachtsplätzchen im Auftrag des Cottbuser Stadtmarketings, folgten bald komplexe Objekte. Eines der ersten brachte das Cottbuser Architekturbüro Torhaus in die kleine Manufaktur – mit einer Vision, die nie und nimmer durch die Tür des kleinen Firmensitzes passen konnte. Das Architekturbüro betreut u.a. die Museumslandschaft Hessen Kassel, die im Rahmen der weltweit bedeutendsten Ausstellungsreihe für zeitgenössische Kunst – der documenta – eine Exposition im und ums Schloss Wilhelmshöhe umsetzt. Über jenem Schloss thront auf einem rund 28 Meter hohen Sockel das Wahrzeichen der kunstverliebten Stadt – eine überlebensgroße Herkules-Statue mit einer über dreihundertjährigen Historie. Der Kopf der Statue soll als Interpretation des Originals ein Highlight der diesjährigen documenta zum Anfassen sein. Was aus dieser Idee entstand, kann man wirklich als Herkulesaufgabe bezeichnen. Rene Töpfer zerlegte den per Drohne angefertigten Datenscan des originalen Herkuleskopfes in unzählige Kleinteile, die er nach dem Druck mit der Geschicklichkeit eines Töpfers zusammenfügte. Für den riesigen Kopf mit einer Höhe von 1,60 Metern und einem Umfang von rund drei Metern war im Zollhaus schließlich kein Platz mehr, die Endfertigung wurde in die heimische Garage verlegt, die Oberfläche geglättet und gespachtelt und schließlich mit einem sternengleich glitzernden Anthrazitlack veredelt. Insgesamt stecken in dem Exponat einige Tausend Druckstunden und rund 500 „Töpferstunden“ fürs Zusammenfügen und den Feinschliff. Seit Eröffnung der documenta dreht sich der Herkuleskopf nun auf einem rotierenden Sockel, oberhalb von Schloss Wilhelmshöhe und zu Füßen des Originals. Im Web kursieren bereits unzählige Selfies mit dem heimlichen Publikumsliebling der diesjährigen Kunstausstellung.

Gleich zwei Weltpremieren
Mit der Materialisierung komplexer Ideen hat der Cottbuser offensichtlich eine Nische gefunden. Für die Weltpremiere der neuesten Produkte eines multinationalen Konzerns, der fast in jedem westlichen Kinderzimmer zu Hause ist, hat er überdimensionale Einzelteile beigesteuert. Für einen Miniaturpark in Bad Homburg hat er Kundenscans aufbereitet und Bauwerke in etwa Kubikmetergröße gedruckt und gefertigt. Aktuell laufen dank seiner neuesten Errungenschaft, eines 3D-Druckers für Mehrfarbdruck, die Planungen für einen verkleinerten Nachdruck von Schloss Ludwigslust. Hier sollen Teile der Fassade ausgelassen werden und den Blick in Innenräume wie den Goldenen Saal freigeben. Die Scans der Innenräume fertigt Rene Töpfer selbst mit 3D-Scans an, bereitet die Daten auf und sorgt für eine seines Erachtens in ihrer Größe, Komplexität und Farbtreue weltweit bislang einzigartige Miniatur. Die Genauigkeit bis hin zur Tapete an den Wänden der sichtbaren Schlossräume beträgt zwischen 0,2 bis 0,5 Millimeter. Das Ensemble insgesamt wird rund zwei Quadratmeter einnehmen, wobei sich die Begeisterung des 3D-Pioniers inzwischen auf die Schlossherren übertragen hat und das Modell nun um Teile der Außenanlagen erweitert werden soll. Der Markt für solche komplexen Herkulesaufgaben ist speziell, aber alles andere als klein. Ob Museen, Kommunen, Messebau, Prototypen oder auch Kleinserien – der Vorsprung in der Kombination aus Technologie-Know-how vom Scan über die Aufbereitung der Daten und den Druck bis zum handwerklichen Zusammenfügen großer Dimensionen – das liegt ihm ja im Blut – sorgt für immer mehr Anfragen und ein Wachstum des „Maschinenparks“. Frisch angeschafft ist ein Drucker der höheren Preisklasse, mit dem man quasi auf Knopfdruck per Scan und direktem Druck die farblich und dimensional originalgetreue Kopie von Gegenständen herstellen kann. Ende dieses Jahres soll ein 3D-Großdrucker folgen, in dem dann mehrfarbige Objekte im Volumen von bis zu einem Kubikmeter ausgegeben werden können.

Gedruckte Familienzeit
In zwei Jahren möchte Rene Töpfer die Großbaustellen endgültig an den Nagel hängen und sich dann nur noch um seine 3D-Manufaktur kümmern. Mit seinen meisterlich getöpferten Produkten will der technikaffine Gestalter und Formgeber letztendlich seiner eigentlichen Herkulesaufgabe gerecht werden: einen neuen Einklang aus Familie und Familienunternehmen, den man sich weder kopieren noch drucken kann. Noch nicht.

SRT3D – Rene Töpfer
Kastanienallee 34, 03042 Cottbus
Tel.: 0355 49497370
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www.srt3d.de

Bild: Im Juni fand der Herklues von Rene Töpfer seinen Platz in einer Ausstellung auf der Kasseler Wilhelmshöhe, wo er in diesem Jahr sicher zu einem der Publikumslieblinge avancieren und Kulisse unzähliger Selfies werden dürfte. Die documenta wurde im Juni eröffnet, der sich auf einem Sockel drehende Herklus-Kopf wurde als Mittelpunkt in der sogenannten Bauhütte oberhalb des Schlosses Wilhelmshöhe installiert.Im Juni fand der Herklues von Rene Töpfer seinen Platz in einer Ausstellung auf der Kasseler Wilhelmshöhe, wo er in diesem Jahr sicher zu einem der Publikumslieblinge avancieren und Kulisse unzähliger Selfies werden dürfte. Die documenta wurde im Juni eröffnet, der sich auf einem Sockel drehende Herklus-Kopf wurde als Mittelpunkt in der sogenannten Bauhütte oberhalb des Schlosses Wilhelmshöhe installiert. Foto: Mario Zgoll Fotoarbeiten, www.zgoll.com 

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