Von der Copacabana an die Spree
Foto: codiarts

Von der Copacabana an die Spree

Wie Jeff Felix da Silva für einen Deutschkurs aus Brasilien nach Cottbus kam, wo ihn ungeplantes Liebesglück zur Gastronomie brachte, die er in diesem Jahr mit gleich vier Lokalitäten prägt.

Cariocas, so nennt man die Einheimischen in Rio de Janeiro, sind bis über beide Ohren in ihre Stadt verliebt. Sie werden in der Regel dort geboren, leben und sterben an der Copacabana. Da kann die Pücklerstadt noch so verrückt sein, gegen diese Heimatliebe ist keine Ananas gewachsen. Jeff Felix da Silva wäre dieser Tradition sicher gefolgt, zum Glück fehlte ihm zum Abschluss der Schulzeit aber der richtige Plan. So folgte er seinem Onkel Vragel, den es eineinhalb Jahre zuvor des Fußballs wegen nach Cottbus verschlagen hatte, im kalten Februar 2005 nach Deutschland an die Spree. Er wollte ein anderes Land, die Sprache und Kultur kennenlernen, bevor er in Brasilien ein Studium aufnimmt.

Die Februarkälte war ein Kulturschock, egal ob 5 Grad über oder 15 unter Null, es war einfach nur kalt. Menschlich stellte sich hingegen schnell Nähe und Wärme ein. Im Sielower Wohnpark, wo sein Onkel lebte, fand er schnell Anschluss an eine Gruppe gleichaltriger Mädchen. Trotz fehlender Sprachebene ging es gemeinsam zur Disco und zu anderen Treffs. Sie machten sich mit dem Exoten in ihrer Mitte interessant, er war immer von Frauen umgeben. Ein klassische Win-Win-Situation – und eine Liason, die später tatsächlich zur großen Liebe und dem Anlass für seinen ungeplanten Weg in die Cottbuser Gastronomie führte. Ein Weg, der in diesem Frühsommer in ein einzigartiges Projekt mündet. Mit der Verbindung seiner südamerikanischen Wurzeln und 14 Jahren Erfahrungen in der Gastronomie eröffnet er gemeinsam mit Cottbuser Freunden im Frühsommer 2019 gleich drei Läden für Ess- und Trinkkultur. Aber eins nach dem anderen:

Dem ersten Deutschkurs in Cottbus folgten zwei weitere in Leipzig. Hier wollte er auch ein Studium zum Ingenieur im Elektrobereich angehen, als seine Freundin kurz vor dem Studienstart schwanger wurde. Dank Vaterrolle gewann die Pücklerstadt gegen Leipzig, der Plan zum Studium wurde zur Seite gepackt. Als junger Vater wollte er Verantwortung übernehmen und suchte sich einen Job in der Gastronomie. Dem Café Dreyer am Altmarkt folgten viele weitere Stationen in Cottbuser Gastronomien und der Hotellerie, eine Ausbildung zum Tourismusassistenten war ihm vor allem zum Abbau der Sprachbarrieren wichtig, während ein späteres Studium bei der VWA schon die Hintergründe für seine angestrebte Selbstständigkeit lieferte. Parallel zum Studium bekam er in einer der angesehensten Cottbuser Gastronomien, dem Mosquito am Altmarkt, erstmals die Verantwortung als Restaurantmanager. Jeff Felix da Silva scheint Herausforderungen zu lieben, neben Studium und Manager-Job wurde er das zweite Mal Vater. Das war 2014.

Seitdem ließ ihn der Gedanke einer eigenen Gastronomie nicht mehr los. Mit zwei Cottbuser Freunden entwickelte er ein Konzept, das die Friedrich-Ebert-Straße ab Frühsommer 2019 noch mehr zum kulinarischen Schmuckkästchen für die ganze Lausitz macht. Wie ein roter Faden zieht sich dann amerikanische Geschichte durch drei Gastronomien, von der Cocktailbar El Chico (Der Kleine) über die Zigarrenlounge Los Locos (Die Verrückten) bis zum Restaurant La Belessa (Die Schönheit). Die Cocktailbar entführt in die Zeit versteckter Bars während der Prohibition in den 1920er-Jahren, während die Zigarrenlounge in die 1950er-Jahre und eine Ära verrückter Schmuggler eintaucht. Das Restaurant mit stilvoller südamerikanischer Küche folgt einem modernen Stil und vor allem einer völlig neuen Ausrichtung für die Pücklerstadt. Hier regieren künftig Traditionen und Esskulturen aus Südamerika, von Esplanadas bis zu exotischen Überraschungen. Wer gut gegessen hat, kann sich dann in der Cocktailbar leicht-fruchtigen Tiki-Cocktails oder hochwertigen Spirituosen und einem anrüchigen Schmugglergefühl in der Zigarrenlounge hingeben. Einen Vorgeschmack auf den lockeren Stil der Junggastronomen liefert bereits der „Käfig“ in der Cottbuser Stadtmauer, ein Mix aus Café und Bar, wie man das eher im hippen Berlin erwarten würde.

Heute ist der Carioca waschechter Cottbuser und in die Pücklerstadt verliebt bis über beide Ohren. Das muss erstmal ein anderer Ort nachmachen!

La Belessa, Los Locos, El Chico
demnächst...
Friedrich-Ebert-Straße 36, 03044 Cottbus

Der Käfig
Mauerstraße 6, 03046 Cottbus
täglich 14.00 - 3.00 Uhr

Facebook: Der Käfig

Einfach teilen: