Vom geplanten Dreier zum Bestseller
Foto: Ben Peters, codiarts

Vom geplanten Dreier zum Bestseller

Oder wie Lucie ihrem Pückler einen Freibrief für eine Brautschau in England erteilte, Oder wie Lucie ihrem Pückler einen Freibrief für eine Brautschau in England erteilte, die Lucie trotz Misserfolg dann zum einkömmlichen Bestseller machte.

Lucie von Hardenberg, die starke Frau an Pücklers Seite, war die große Liebe im Leben des Fürsten. Obwohl sie neun Jahre älter als Pückler war, hielt ihre Liebe bis zu seinem Tod. Dennoch ließ sie sich auf einem Viertel des gemeinsamen Wegs von ihm scheiden. Mitte der 1820er Jahre, ein knappes Jahrzehnt nach der Hochzeit, war das Ehepaar Pückler mit der fast astronomischen Summe von 500.000 Talern verschuldet. Lucies in die Ehe eingebrachtes Vermögen war aufgebraucht und vor allem in die Gestaltung des Parks in Muskau geflossen. Die aussichtslose Lage veranlasste die Fürstin, ihrem Mann die formale Scheidung anzubieten. Bis zur Genehmigung durch den König, Friedrich Wilhelm III., vergingen drei Jahre, in denen sich Pückler zunächst in Berlin und Hamburg nach einem goldenen Vogel umschaute. Aber die Suche blieb erfolglos.

In England hingegen sollte es reiche, heiratswillige Erbinnen geben. Lucie sowie Pückler einigten sich: Er solle aus England eine vermögende Braut heimführen, den Besitz in Muskau retten, und dann könne man ja eine Ehe zu dritt planen. So begab sich Pückler nach erfolgter Scheidung auf die Reise nach England. London wurde neben Brighton Pücklers Hauptquartier für die folgenden zwei Jahre. In acht Monaten absolvierte Pückler nicht weniger als 1.400 Morgenvisiten, rund vier pro Tag. Er besuchte Bälle, Theateraufführungen, Spielkasinos. Das Ziel seiner Reise sprach sich offenbar schnell herum. Leider ließen sich englische Fräuleins nur dann auf einen geschiedenen Mann ein, wenn die Scheidung auf einen Fehltritt der ehemaligen Gattin zurückzuführen war. Pückler wollte Lucie aber nicht diffamieren – und schrieb ihr stattdessen alle paar Tage einen Brief, in dem er von aussichtsreichen Kandidatinnen sprach. Indes war Pückler in England als Mitgiftjäger bekannt und die Zeitungen berichteten gnadenlos. Einen „fortune hunter“ (Mitgiftjäger) und „Prince Pickle“ (Prinz Sauergurke) nannten sie ihn. Charles Dickens nahm ihn in seinem Roman „The Pickwick Papers“ humorvoll als „Graf Smorltork“ auf die Schippe, ein schlecht und recht englisch redebrechender Adliger, der alles falsch verstand und zudem noch falsch auf Handzetteln notierte. Pückler zählte als Dandy, mondän gekleidet, mit pechschwarz gefärbten Haaren, amüsant und außerordentlich gutaussehend, bald zum festen Bestandteil der High-Society. So gut es für Pückler mit der Integration in die englische Adelsgesellschaft lief, so hoffnungslos war gleichzeitig seine Brautschau. Zwar wickelte er die englischen Damen reihenweise um den Finger und schlief selten allein in seinem Bett, jedoch brauchte er letztlich eine Frau, deren Eltern ihm eine Mitgift von mindestens 200.000 Pfund versprachen. Ihr Herz verloren viele Damen an den preußischen Aristokraten. Seine unzähligen Affären gehörten über die gesamte Zeit zum Stadtgespräch der Londoner Gesellschaft. 

In zweieinhalb Jahren schrieb er ca. 1.500 Briefe an Lucie, eine Braut fand er jedoch nicht. Dafür brachte dem Paar die Veröffentlichung dieser Briefe in Buchform ein kleines Vermögen ein. Übrigens schrieb auch Lucie unzählige Briefe – beide verband ein scharfer Verstand, Humor und gemeinsame Interessen. Eine moderne Beziehung, die ihrer Zeit weit voraus war – eine wahre Liebesgeschichte, die ihre Blüte in der Pücklerstadt erlebte.

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