Pücklers neue Muse
Foto: codiarts

Pücklers neue Muse

Wie Juliane Züge ihr Glück weit weg von der Pücklerstadt suchte, letztlich doch keinen schöneren Ort fand – und schließlich zu Pücklers neuer Botschafterin gewählt wurde.

Dass sie sich ausgerechnet am ruhigen Cottbuser Stadtrand einmal beruflich zu Hause fühlen würde, hätte Juliane Züge vor einigen Jahren selbst wohl zuallerletzt für möglich gehalten. Seit Jahresbeginn 2019 ist sie als Leiterin Marketing und Öffentlichkeitsarbeit in Pücklers Park und Schloss Branitz die offizielle Botschafterin des fürstlichen Erbes. Dabei begann der Weg der gebürtigen Cottbuserin abseits von Glanz und Gloria. Schon früh lernte sie, auf eigenen Beinen zu stehen. Zwei ältere, an einer äußerst seltenen, unheilbaren Krankheit leidende Brüder erforderten die ganze Kraft der Mutter, sodass Juliane sich und ihrer jüngeren Schwester den Weg durchs Leben bahnte. Vielleicht ist es diese früh gewonnene Selbstständigkeit, die ihr bis heute einen neugierigen und zuversichtlichen Blick auf die Welt verleiht.

Nach Schule und Abitur folgte eine Ausbildung bei der Lausitzer Rundschau und dieser ein Studium zum Medienmanagement in Sachsen. Ein halbjähriger Studienaufenthalt in Frankreich schürte dann Fernweh, in Nachbars Garten schmecken die Kirschen eben besser. Sie wollte raus aus dem kleinen Cottbus. Durch einen Job bei Warner Brothers in Hamburg, dem Tor zur Welt, schien der Abschied aus der Pücklerstadt perfekt. Wäre da nicht die Liebe gewesen, die sie jedes Wochenende nach Cottbus zurückzog. Mit dieser wuchs auch der Wunsch nach Kindern – und den Gedanken an Kinder und Familie konnte sie nicht mit dem hektischen Großstadtleben zusammenbringen, das auf den täglichen U-Bahnfahrten in der Hansestadt an ihr vorbeischwirrte. So hat sie in Hamburg ihr kleines Cottbus neu lieben gelernt. Sie musste erst weit weg, um die Vorteile der vertrauten Stadt, die Nähe zu den Menschen und die kurzen Wege schätzen zu lernen.
Sie suchte in der Heimat eine neue Bestimmung und fand sie bei Cottbusverkehr. Hier baute sie das Marketing auf, bekam mit Maja und Leni zwei Kinder, wurde schließlich Marketingleiterin und führte Pückler in die Stadt ein. Tatsächlich war es die Beschilderung sämtlicher Haltestellen der sogenannten Pücklerlinie mit dem Konterfei des Fürsten, die selbigen in der Innenstadt erstmals richtig sichtbar machte. Seitdem wurde Pückler zu ihrem steten Begleiter. Im Cottbuser Stadtmarketing wurde ihr klar, dass der grüne Fürst nicht nur ein gewohnter „Nachbar“ für die Cottbuser ist, sondern auch die schillernde Persönlichkeit, die weit über die Region hinaus für die Stadt leuchtet. Ein Signal, dem sie selbst bald folgen sollte.

Im Spätsommer 2018 trat Pücklers Erbe in Form einer Stellenanzeige in ihr Leben. Park und Schloss Branitz suchten eine Marketingleitung mit frischen Ideen – und die Beschreibung der gesuchten Person schien ihr wie der Blick in einen Spiegel.

Ihrer Euphorie ließ sie auch im Bewerbungsgespräch freien Lauf und sprudelte vor Ideen, die so gar nichts mit dem Bild steifer, angestaubter Museumskultur einte. Die Entscheidung sollte mit einer Wochenfrist fallen, aber als sie zwei Stunden später nach Hause kam, klingelte bereits das Telefon. Es war ein verrücktes Vorstellungsgespräch, dessen frischer Wind das Team der Stiftung zu einer sofortigen Zusage trieb.

Nun macht sie sich daran, den Park, das Schloss und vor allem Pückler mit seinen verrückten Geschichten und historischen Taten erlebbar zu machen. Sie will Kinder für das unschätzbare kulturelle Erbe in Branitz begeistern. Mit ihrer kleinen Tochter hat sie gleich den Anfang gemacht und mit ihr eine Führung durchs Schloss unternommen, bei der beide ständig in die Rollen des einstigen Adels und seiner Bediensteten geschlüpft sind. Bei dieser spannenden Entdeckungsreise landeten sie auch am viel zu kurzen Bett, das Pückler für Königin Auguste errichten ließ. Nicht etwa, weil diese zu klein war, sondern weil die adligen Damen seinerzeit in ihren engen Kleidern schliefen, was zur besseren Atmung und zur Entspannung der Verdauung nur im Sitzen möglich war. Seitdem will ihre Tochter immer wieder ins Schloss. Ein solches theatralisches Abtauchen in vergangene Zeiten, wie bei Berlin Dungeon, das wärs! So möchte sie künftig gern viel mehr Geschichten von Pückler erzählen, die mit dessen Lebenswelt und Sichtweise überraschen und emotional berühren. Genauso, wie wir das in dieser Rubrik versuchen.

Einen Lieblingsplatz hat sie in Branitz noch nicht gefunden. Im Sommer mag sie die goldene Ananas, wenn es unter Weintraubenranken Plinse satt gibt. Bei Spaziergängen sind es versteckte Orte rund ums Schloss, beim abendlichen Laufen die geschwungenen Wege am Pyramidensee. Immer wieder entdeckt sie Neues. Hoffen wir, dass diese Entdeckungsreise noch lange währt und jede kleine Station zu einer Geschichte führt, mit der unsere Pücklerstadt ein wenig mehr über den Horizont hinaus leuchtet.

 

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